Interview
Seit 1899 – Ein Haus für die Menschen im Quartier
EIN GESPRÄCH MIT TOBIAS APELT
Was können Sie über sich und über das Haus als Einführung erzählen?
Ich bin hier im Haus in einer Doppelfunktion. Ich bin Geschäftsfüher der Rathaus KG und der Vorstand der Brau- und Genusswerkstatt Berlin Friedrichshagen AG. Begonnen hat das alles im Jahr 2007. Über mehrere Jahrzehnte war hier im Haus die Polizei mit zahlreichen Büros vertreten. Die Polizei sollte auf höhreren Beschluss bis 2010 ausziehen und das Gebäude wurde vakant. Es gab damals zahlreiche Interessenten für das Objekt – u.a. eine Schönheitsklinik, die hier einziehen wollte.
An dieser Stelle muß ich nun einen historischen Bogen schlagen, damit auch Nichtberliner unsere Beweggründe verstehen. Die Friedrichshagener waren schon immer ein eigenwilliges Völkchen. Das hängt natürlich mit der fast inselhaften Vorstadtlage zusammen. Die Menschen hier am Standort mußten sich im Wandel Zeiten und Systeme buchstäblich durchkämpfen. Der Standort war stets geprägt vom bürgerschaftlichen Engagement und so ist Entstehungsgeschichte des Rathauses sehr eng mit den Menschen aus der Region verbunden. Das Rathaus-Grundstück wurde Ende des 19. Jahrhunderts durch testamentarische Zuwendung eines ansässigen Polzeihaumtmannes a.D. an die Gemeinde gespendet. Durch zahlreiche Geldspenden der Friedrichshagener und natürlich auch mit am Standort erwirtschaftetem Steuergeld wurde in wenigen Jahren das Rathaus gebaut. Selbst für damalige Verhältnisse war es enorm hochwertig ausgestattet. Mit den breiten Treppen und dem opulenten Saal war es der ganze Stolz der Bürger. Ein Friedrichshagener Prestigeprojekt, welches selbstbewußt mit dem Leitsatz „Dem Wohle der Bürger“ signiert wurde. Für rund 20 Jahre war hier im Haus eine extrem effektive Verwaltung tätig, welche leider mit Eingemeindung des Ortes nach Groß-Berlin endete. Friedrichshagen verlor buchstäblich über Nacht seinen Bürgermeister und das Gebäude beherbergte in den nächsten 100 Jahren Polizisten, Schachfreunde, die Steuerkasse, das Standesamt und hinter dem Rathaus sogar eine Warmbadeanstalt. Details zur Geschichte des Hauses finden Sie hier auf der Website unter dem Menüpunkt GESCHICHTE.
NEUBEGINN IM JAHR 2010.
Für die Anwohner Friedrichshagens war der Verlust des Gebäudes als öffentliches Haus gefühlt untragbar. Schnell fanden sich engagierte Köpfe & Enthusiasten, welche den Ort für die Menschen im Quartier in offener Funktionalität erhalten wollten. Die Frage war nun: Wie nutzen wir das Haus? Werden wir Investoren sein? Werden wir selbst Mieter? Am Ende hat sich dann herausgestellt: Wir müssen wirtschaftlich werden. Wir müssen eine Gesellschaft gründen. Es entstand eine KG, welche Bürgerschafliches Engagement und investitionsvolumen in sich vereinte. Es entstand ein Nutzungskonzept, welches eine Mischung aus Bildung, Kultur, sozialen Angeboten und Gastronomischen Leistungen präsentierte. Dieses Konzept ist heute Realität. Das Haus beherbergt Angebote für Künstler, Familien, Senioren, eine Musikschule, eine Kita und mit dem Ratskeller / Festsaal auch gastronomische Angebote.